Mirko Hillert: Du hast gestern den sehr gut besuchten Workshop „Praktische Projekterfahrung mit Angular“ geleitet. Offenbar besteht zu dem Thema momentan viel Interesse. Derzeit ist die Version Angular 4 im Einsatz und die Version 5 kurz vor dem Release. Was heißt das für Projektteams?
Christian Liebel: Ganz generell ist es bei solchen Versionssprüngen wichtig, dass die Projektteams die Sprünge auch mitmachen. Angular hat einen relativ schnellen Releasezyklus von sechs Monaten. Immer dann erscheint eine neue Major-Version, die potenzielle Breaking Changes enthalten kann. Oftmals sind es die kleinen Sachen, die ein Team mitmachen muss. Zum Beispiel Deprecations wie der alte HTTP Service, der jetzt deprecated wird. Es gibt kleine Paradigmenwechsel in Angular, die man auch einer Codebasis anmerkt, wenn man diese nicht nachgeführt hat. Weiterhin profitieren Angular-Entwickler bei Angular 5 von Performancezugewinn und den neuen Service-Worker-Implementierungen, sodass man auch mit Angular schöne Progressive Web Apps schreiben kann.
Mirko Hillert: Wo siehst du die Fallstricke, wenn man mit Angular in Projekten beginnt?
Christian Liebel: Angular ist auf jeden Fall leichter und besser verständlich als sein Vorgänger Framework AngularJS, weil man die Konzepte ein wenig aufgeräumt hat. Dennoch gibt es Konzepte, die erst einmal verstanden werden müssen. Deshalb sehen wir es oft in Projekten, dass es sehr hilfreich ist, wenn sich die involvierten Entwickler auf einer gemeinsamen Basis begegnen. Sie kommen aus den verschiedensten Webbereichen – vielleicht .NET, vielleicht Java, vielleicht haben sie noch nie Web gemacht – und da sind Trainingsveranstaltungen wie die Angular Days relativ praktisch. Hier kann man versuchen, sich anzugleichen, und gegenseitig Erfahrungen austauschen.
Mirko Hillert: Welchen Stellenwert hat Angular derzeit und auch zukünftig in der JavaScript-Welt?
Christian Liebel: Auch hier ist es so, dass Angular anders ist als sein Vorgänger AngularJS. Angular ist im Prinzip eine Anwendungsplattform für das Web, sowohl für klassische Web-Apps als auch für mobile Apps, also Anwendungen, die auf dem Smartphone trotzdem noch gut zu bedienen und zu verwenden sind.
Mirko Hillert: Wofür eignet sich Angular deiner Meinung nach eher nicht?
Christian Liebel: Es ist zur klassischen Webseitenerweiterung nicht geeignet. Es gibt gleichgewichtigere Frameworks als Angular. Gerade wenn ich schon eine bestehende Webseite habe und dieser noch Funktionalität beifügen muss, könnte Angular die falsche Wahl sein.
Mirko Hillert: Du hast gestern einen Workshop zum Thema „Progressive Web Apps mit Angular“ gehalten. Warum sollte die Entwicklung gerade mit Angular geschehen?
Christian Liebel: Angular bringt bereits die Strukturen mit sich, um Large Scale Applications groß zu ziehen. Es unterstützt also bei der Applikationssegmentierung und der Wiederverwendung von Code. Von daher ist es schon einmal eine gute Basis, um dann auch Progressive Web Apps zu bauen. Bei Progressive Web Apps versucht man, das mentale Modell von nativen Anwendungen mit ins Web zu nehmen. Das heißt, dass man zum Beispiel alle Assets und Daten lokal halten kann. Angular tut das bereits heute, man kann das also so entwickeln, und das Verpacken der Angular-Anwendungen als PWA ist dann eigentlich nur der nächste logische Schritt.
Mirko Hillert: Ich bedanke mich für das Interview, Christian.
Interviewt von: Mirko Hillert
Mirko Hillert verantwortet seit 2007 als Leiter der Entwickler Akademie den Trainingsbereich bei Software & Support Media. Er studierte Betriebswirtschaft an der Westsächsischen Hochschule Zwickau und der Universidad Valencia sowie Marketing an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Als ehemaliger Dozent und Ausbilder für Managementprozesse treibt er seit vielen Jahren die fundierte Aus- und Weiterbildung von Entwicklern und Softwarearchitekten im IT-Markt voran, unter anderem mit innovativen Eventformaten und hochwertigen Trainingsinhalten.